Die Gesellschaft der deutschsprachigen Odonatologen (GdO) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) haben die Mond-Azurjungfer (Coenagrion lunulatum) zur Libelle des Jahres 2024 gekürt. Die Mond-Azurjungfer ist eine in ganz Deutschland seltene Kleinlibelle, deren Bestände in den vergangenen Jahren fast vollständig eingebrochen sind und die in Deutschland aber auch in Europa auszusterben droht. Durch die immer wirksamer werdenden Effekte der Klimakrise ist die ohnehin seltene und stark gefährdete Art akut vom Aussterben bedroht.
Ihre ursprünglichen Lebensräume – naturnahe Kleingewässer mit aquatischer Vegetation sind in ganz Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten schon deutlich zurückgegangen. Zudem leiden diese Habitate fast flächendeckend an diffusen Nährstoffeinträgen, z.B. aus der Atmosphäre oder über die intensive landwirtschaftliche Nutzung im direkten Umfeld, denn ausreichende Pufferstreifen fehlen nahezu immer. In dieser Situation verschärfen die menschengemachten Klimaveränderungen die Bedrohung zusätzlich und oft über das tolerierbare Maß der lokalen Population. In den vergangenen Jahren mit starken Dürren sind viele Gewässer komplett ausgetrocknet, aber auch in den restlichen werden die Habitateigenschaften negativ beeinflusst, z.B. durch stärkere Konzentration von Nähr- und Schadstoffen im verringerten Wasserkörper, höhere Temperaturen und in der Folge auch weniger Sauerstoff im Wasser. So ist das Aussterben fast vorprogrammiert und wie fast immer eine Synergie aus verschiedenen vom Menschen ausgelösten Gefährdungsursachen.
Notwendig zum Schutz und zum Erhalt dieser nicht direkt durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) geschützten Art ist die Erarbeitung und konsequente Umsetzung eines Artenhilfsprogrammes, wie es beispielsweise in Irland erfolgreich angewendet wird. Eine erste wichtige Grundlage dafür ist die aktuelle Erfassung und ein kontinuierliches Monitoring der noch vorhandenen Vorkommen. Die bestehenden Populationen müssen unbedingt erhalten werden und sollten wachsen, um so ein Aussterben der Art zu verhindern. Um die Libellenart langfristig zu schützen, ist die Entwicklung von Pufferstreifen zum Schutz vor Nährstoffeinträgen um die besiedelten Gewässer herum und die Neuanlage bevorzugt nährstoffarmer Gewässer mit ausreichender Tiefe von großer Priorität.
Beide Geschlechter der Art, das blau-schwarz gefärbte Männchen und das in mehreren Farbformen (grün-braun mit zum Teil blauen Anteilen) mit ebenfalls schwarzen Zeichnungen auf der Hinterleibsoberseite vorkommende Weibchen der Mond-Azurjungfer, sind nicht einfach zu bestimmen und können mit verwandten Kleinlibellenarten verwechselt werden. Arttypisch sind die grün gefärbten Augenunterseiten und eine namensgebende halbmondförmige Zeichnung auf der Oberseite des zweiten Hinterleibsegmentes beim Männchen beziehungsweise die typische Form seiner Hinterleibsanhänge sowie der Vorderbrust-Hinterrand beim Weibchen.
Fotos: Michael Frank
In Deutschland liegen Verbreitungsschwerpunkte dieser Kleinlibelle im norddeutschen Tiefland, sowohl im westlichen mehr atlantisch geprägten als auch im nordostdeutschen Flachland. In Süddeutschland sind die spärlichen Vorkommen bereits fast vollständig erloschen. Besonders wohl fühlt sich die Art in Hoch- und Übergangsmooren, aber auch in Flachmooren oder flachen, nährstoffarmen Gewässern wie den Söllen im nordostdeutschen Flachland. Der Lebenszyklus der Mond-Azurjungfer, die – wie fast alle Libellen bei uns – den größten Teil ihres Lebens als Larve im Wasser verbringt, beträgt ein Jahr (univoltin). Die erwachsenen Tiere haben dabei eine sehr kurze Flugzeit und sind vor allem im Mai bis Mitte Juni zu beobachten. Wo Vorkommen bestehen, sollten die besiedelten Gewässerzonen mit submerser aquatischer Vegetation besonders geschützt und erhalten werden. Zudem sollten ausreichend große Pufferstreifen zur Minderung des Nährstoffeintrages angelegt sowie im Umfeld weitere Gewässer mit solchen Uferbereichen und Gewässerzonen entwickelt werden.
Für den Vorstand: Klaus Jürgen Conze